Holzschnitt 1510
    
Nikolaus von Flüe
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   Quellen - Bruder Klausund Dorothea
  
  
Martin Luther
  
Quelle Nr. 227

  

  
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Zeit: Januar 1528
  
Herkunft: a) Zwei Ausgaben aus Wittenberg 1528 «Ein gesichte bruder Clausen ynn Schweytz und seine deutung» (erster Druck von Nickel Schirlenz in Wittenberg 1528, zweiter von Johann Stüchs in Nürnberg ohne Jahr, sowie weitere Ausgaben); – b) Fliegendes Blatt um 1540, Kollektaneen von Joh. Jakob Wick mit einem Text von Luther und einem Holzschnitt, Zentralbibliothek, Stadtbibliothek Zürich, Wickiana F. 13 S. 3, F. 19 S. 343 und F. 25 S. 306
  
Kommentar: Auf etlichen Umwegen sind die missglückten Beschreibungen des Meditationsbildes von Bruder Klaus (Abbildung des Originals auf dieser Homepage: Das Sachsler Meditationsbild) des Carolus Bovillus [in Kombination mit der Schreckensvision von Wölflin §35, Quelle 072] und der anschliessenden noch mehr verdrehten Deutungsversuche des Horius (siehe: Quelle 201) zum Wittenberger Reformatoren Martin Luther gelangt. Fälschlicherweise trägt das menschliche Antlitz eine dreifache Krone, statt wie im Original einer einfachen Krone eines Herzog oder Markgrafen. Darum bedeute das Antlitz das Papsttum. Dieses wiederum gebärdete sich in der Renaissancezeit wiederholt als exponierte Schwachstelle des Christentums schlechthin. Zur Zeit des Ausbruchs der Reformation durch Luther sass ein theologisch und auch juristisch unfähiger Günstling aus dem Hause der Bankiers Medici auf dem Stuhle Petri: Leo X. (Giovanni di Medici, der bereits mit 12 Jahren Kardinal wurde). In seiner Kunstbesessenheit ging er buchstäblich über Leichen. Der unter ihm aufblühende Ablasshandel war ein Skandal sonder gleichen; durch Geld hätte man sich anscheinend von Strafen in der Ewigkeit loskaufen können, doch das Geld diente allein Leo X. für die Finanzierung seiner Kunstprojekte, die nicht alle zur Ausübung des christlichen Kultes bestimmt waren. Die Kritik am Papsttum in seinem äusserlichen Verhalten waren nicht unberechtigt. Die theologischen Standpunkt sind ein anderes Thema. – Man könnte nun noch behaupte: Luthers Angriffe gegen das Papsttum waren sekundär, primär kämpfte er gegen ein falsches Gottesbild. Viele seiner Zeitgenossen hatten ein ziemlich einseitiges Gottesbild, das zu sehr auf dem Alten Testament aufbaute, ein Bild von einem zornigen, rachsüchtigen, ja die Menschen beinahe hassenden Gott; das Bild aber von einem menschenfreundlichen, gütigen und barmherzigen Vater, wie es Jesus in seinem Evangelium verkündete, wurde oft ignoriert. Dagegen kämpfte Martin Luther vor allem. – In der Wirkungsgeschichte des lutherischen Traktats befindet sich schliesslich noch der Wittenberger Professor Matthias Flacius Illyricus mit seinem Katalog der Glaubenszeugen (Quelle 243). – Seltsam ist der Weg der histerischen Missverständnisse um das gekrönte Haupt, stellte es doch in seiner bartlosen Ur-Version den Burgunder Herzog Karl den Kühnen dar. Als dann das Meditationstuch Bruder Klaus geschenkt wurde, war es bereits das erste Mal übermalt worden und trug nun einen zweiteiligen (nicht dreiteiligen) Bart, genau wie auch meistens Bruder Klaus dargestellt wurde. Wir sehen hier auch, wie in einem Gerücht über zwei Stationen zwei Irrtümer hinzukamen. Die zornerfüllte, irrtümliche Assoziation bezieht sich bei Bovillus (Quelle 201) nicht auf das Papsttum sondern auf das Haus Habsburg-Burgund.
  
Eigenartig ist nun, wie eine angebliche Vision von Bruder Klaus – in Wirklichkeit gab es diese gar nicht – herhalten musste für eine heftige Kritik Luthers gegenüber dem Papstamt. Nicht dass Martin Luther etwas gegen Bruder Klaus gehabt hätte, im Gegenteil er und seine Nachfolger in den Ämtern der lutherischen Kirche waren von der Frömmigkeit des Eremiten in der Innerschweiz sehr angetan. Dies beweist nämlich die grosse Verbreitung, welche das Bruder Klausen Gebet (Quelle 067) in diesem Raum erfahren hatte. Es ist anzunehmen, dass Luther selber das Gebet kannte, gemäss der Sammlung von Joh. Jakob Wick (Chorherr in Zürich 1560 bis 1587). Ferner gibt es spezielle Versionen des Gebets von den lutherischen Geistlichen (vgl. Heinrich Stirnimann, Der Gottesgelehrte, 131f.) Johann Heermann (1585–1647) und Daniel Sudermann (1550–1631), aber auch das ganze geistliche Werk des in Berlin tätigen Pastors Paul Gerhardt (1607–676) zeigt eine sehr grosse Geistesverwandtschaft. Die älteste Fassung des Gebets, vor 1500, befindet sich übrigens heute in einem Berliner Museum. Wer weiss, vielleicht wäre das schöne Gebet von Bruder Klaus ohne die Lutheraner in Vergessenheit geraten!
  
Referenz: Robert Durrer, Bruder Klaus-Quellenwerk, 643–644 und 647–648, Tafel XIII

  

   a)
  
Eine Vision von Bruder Klaus in der Schweiz und seine Bedeutung Martin Luther an den würdigen Herrn Doktor Paul Speratus, Prediger im preussischen Königsberg Gnade und Friede in Christus!
  
Wir haben die Vision von Bruder Klaus in der Schweiz, das von Euch hierher gesandt wurde, erhalten. Wiewohl ich dasselbige bereits vor etlichen Jahren auch im [Buch von] Carolus Bovillus gesehen und gelesen habe, so hat mich damals doch nichts so bewegt wie der, der mit dem Papst nichts zu schaffen hatte. Aber jetzt geht mir der Anblick zu Herzen, denn ich bin durch Erfahrungen neugierig geworden, über die Sache nachzudenken. Fürwahr, Christus gibt dem Papsttum viele Zeichen, aber es hat eine eherne Stirne und einen eisernen Nacken erhalten, so dass es sich auf das Gesamtheit nicht besinnt, auf dass es ohne alle Gnade verdirbt und untergeht. Ihr habt freilich das Büchlein mit der Figur gesehen, das in Nürnberg herausgegeben wurde, darin ja das Papsttum nicht vergessen ging. Es ist mit dem Endchrist [Antichrist] zur Hefe [zum Gären] gekommen. Und Christus will ihm ein Ende machen. Dafür sei Gott gelobt in Ewigkeit. Demnach schicken wir euch den Bruder Klaus wieder, damit ihr ihn sammelt mit dem anderen, die ebenso Mitzeugen Christi sind gegen den Endchrist. Gottes Gnade sei mit euch. Amen.
  
Dem ehrwürdigen und weisen Thomas Sackheim wünscht Paul Speratus seinen Gruss
  
Obwohl hinfort niemand den Betrug der Römischen Bestien (welcher nun genug offenbar geworden ist) so viele Male anzuzeigen für nützlich erachten wird, besonders in dieser Zeit, in der wegen unserer Undankbarkeit so viele neue und schädliche Übel aufkommen, eines nach dem anderen, denen wir allerdings mit der Kraft Christi glauben Widerstand leisten zu können. Was schadet es jedoch, wie du aufs höchste mahnst, wenn wir jetzt in unserer Zeit dafür gehalten werden, als wollten wir allein klug sein, dass man auch etliche, alte Zeugnisse über diese Sache, die man vor Jahren erfuhr, ans Licht bringt? Durch eure frühere Meinung bestätigt ihr die unsere, wie sie später folgt, ebenso die bei den Schwachen, wenn sie stark sind weder neues noch altes ohne das Wort Gottes zu loben oder zu schelten, sondern allein dem Wort zu glauben, ohne wenn und aber.
  
Es ist so wie in der Apokalypse, welche wir mit deiner Hilfe aus Litauen erhalten haben, ausgehend auch von der Geschichte von Bruder Niklaus in der Schweiz, auf die wir zufällig stiessen, als wir das Buch (das Carolus Bovillus geschrieben hat) aufschlugen, als wir bei Brismann (Johann B. Reformator in Königsberg und Riga, Anhänger Luthers) waren. Dieser machte sich auf den Weg von hier [Königsberg] nach Lettland. Wie ihr wisst, ist er durch zwei Briefe aus Riga dorthin beordert worden, von jedermann als ihr künftiger Prediger gewünscht.
  
Wir haben ihn (wie ich mit allen gottseligen Leute bezeuge) mit grossem Herzeleid verloren. Gegeben auf dem Schloss von Königsberg in Preussen, am 4. Tag des Januar, Anno XXVIII [1528]
   
  
[Nun werden zitiert: 1. Brief von Bovillus an Horius und 2. Antwort von Horius an Bovillus – siehe: Quelle 201]
  
Martin Luther [Kommentar von M. L.]Luther
  
Das Antlitz bedeutet, wie das Papsttum der ganzen Welt soll offenbar werden, was für eine Sache es sei, denn bei dem Antlitz erkennt man alles.
  
Erstens: Es ist rot und von zorniger Gestalt, denn es ist ein tyrannisches, mordendes, blutiges Regiment, zweifach, über Leib und Seele, es regiert mit eitlen Drohungen und mit Zwang.
  
Zweitens: Es gehen drei Schwertspitzen nach aussen, eines von der Stirne nach oben über es hinaus und zwei zu beiden Seiten der Nase seitlich nach unten. Wiederum drei Schwertspitzen gehen hinein, eine von unten her zum Mund hinein und zwei zu den beiden Augen hinein. Drei gegen drei etc. Die erste Schwertspitze ist die Menschenlehre, die aus dem menschlichen Kopf und Gehirn kommt und erdichtet ist, im Gegensatz zur Lehre vom geistlichen Leben und von den guten Werken, sie weist über sich hinaus und ficht gegen die Lehre Christi und den Glauben in der Christenheit und zerstört das Wort des Kreuzes. Die andere Spitze zur rechten Seite der Nase ist das geistliche Recht [Kirchenrecht], wodurch die geistlichen Dinge gerichtet und regiert werden. Es ist ein zornig strenges Gesetz, denn die Nasen bedeuten Zorn der Schrift, Psalm 77 (Ps. 78, bzw. Dtn 32, 22; 2 Sam 22,9; Ps 18,9). Die dritte, zur linken Seite, ist sein weltliches Regiment, das es in der Zeit ausübt. Es ist auch voller Zorn, und alle beide, die aus der Nase kommen, werden mit demselben Drohen und Zorn in die Welt getrieben ohne Gottes Befehl, und gleich wie die erste [Schwertspitze], die aus der Stirne kommt, sind sie aus menschlicher Weisheit.
  
Die anderen drei Spitzen haben keine keinen Anfang, keinen Ursprung, sie fahren gleichsam aus der Luft in das Antlitz. Das ist der Geist, der ihm öffentlich das Evangelium ins Gesicht schlägt, so dass es sich nicht dagegen wehren kann, weswegen es zornig und sauer dreinschaut. Die erste Spitze von unten her auf seinen Mund hin ist das Wort Gottes, das es lügen straft in seiner menschlichen Lehre und wieder den Glauben aufrichtet entgegen seiner Heuchelei. Die Spitze zum rechte Auge hin ist das Wort, das all seine Klugen und Weisen blind und zuschanden macht in ihrem geistlichen Recht [Kirchenrecht], denn das Evangelium verdammt solches Herrschertum und geistliche Pracht aller Dinge. Die dritte Spitze ins linke Auge hinein ist das gleiche Wort, das dessen Weltweise und weltliche Herrschaft verdammt, denn nach dem Evangelium ist solches unrecht und war den Aposteln verboten.
  
Dass es [das Antlitz, das Papsttum] keinen Leib hat, bedeutet, dass die Christen und die Kirche mit dem Papst nicht Bestand hat, sie anerkennt ihn nicht als ihr Haupt, wiewohl sie unter ihm leiden muss.
  
Der dreiteilige Bart sind die, die ihm in drei Stücken anhangen, nämlich [erstens] die Werkheiligen [d.h. solche, die sich durch ihre eigenen Werke heiligen wollen, im Gegensatz zu denen, die allein durch die Gnade gerechtfertigt und so heilig zu werden glauben] also die Mönche, Pfaffen und Nonnen; [zweitens] die gelehrten Herren, Juristen und Theologen, Magister; [drittens] die Gewalthaber, Könige, Fürsten und Herren. Ein jeglicher Teil hat seine Haare und bildet seinen Haufen um das Kinn. Aber sie gehören nicht zur christlichen Kirche, sondern hängen an ihrem Haupt allein und berühren keinen Hals und keinen Leib.
  
Die Schwertspitzen ohne Haftung bedeuten, dass solches Wesen geschehen soll aus Sprüchen aus der Schrift entnommen, denn der Papst führt für sich Sprüche, so führt man auch wiederum fast dieselben Sprüche auf ihn hin zurück, in gleicher Form und Wortlaut, wie er sie führt, gleich wie diese Spitzen fast alle gleich sind, ohne dass man sie umkehrt von seinem falschen Verstand und damit beweist, dass er blind und im Unrecht ist, in allen drei Stücken. Denn er zwackt heraus und bricht die Schrift entzwei und verstümmelt sie, wie ein Schwert zerbrochen [abgebrochen vom Schaft] wird, um seinen Verstand zu bestätigen. So kehrt man solche Stümpfe um und stösst sie wieder in ihn hinein, so dass er keines der drei Stücke [für sich] behält.
 
  
b)
  
[verstümmelter Text zu einem Holzschnitt, der Bruder Klaus und die Vision zeigt – fliegendes Blatt um 1540]
  
Wahrhaftige Figur und Gestalt des frommen und seligen Mannes Bruder Klaus [in] Unterwalden, der sich vor etlichen Jahren, als man zählte MCCCCXC (1490) bei Luzern in einem – Jahr dort ohne leibliche Speise und Trank lebte und nichts ass. Es haben aber die Sch– und weltliche oft die Wege und Stege zu seiner Wohnung mit Wachen fleissig bewahrt und – ab es so sei oder nicht. Aber sie haben es als wahr befinden können, wie es dann war als – Natur übertraf und wie ein Engel lebte. Er hatte auch viele Wunderwerke getan und den alten – zukünftige Dinge prophezeit und Wahres vorausgesagt, was nach seinem Absterben und Tod eintrat – mal bei Nacht am Firmament ein wundersames Gesicht gesehen, welches gelehrte Leute [Bovillus und Horius] erklärten – [das Gebet,] das er täglich sprach, ist das, wie es unten steht, darin man seine Andacht spürt, wie er die Bürden –
  
Bruder Klausens Gebet:
O Herr nimm von mir, was mich abwendet von dir.
O Herr gib auch mir, das mich kehrt zu dir.
O Herr n– und gi–
Vision BK
    
  
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