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Sohn Hans von Flüe wird beschuldigt
Quelle Nr. 041
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Zeit: 1486/1487
Herkunft: a) Staatsarchiv Luzern, Ratsbuch VI, S. 123; – b) Staatsarchiv Zürich, Absch. B. VIII 81. S. 145a + Staatsarchiv Luzern, Luzerner Abschiede B., S. 297; – c) Kantonsbibliothek Aarau (Msc. Bibl. Wett. 16), Silberysen I Chronik, Bd. II, S. 4a (1572); – d) Stadtbibliothek Lindau, Mspt. Fol (Chronik ab 1600), S. 358; – e) Stadtbibliothek Lindau, Mspt. folio, Annales Lindaviensis des Jakob Lynß (1614), S. 69b
Kommentar: 1486 machten Gerüchte, bzw. Anschuldigungen die Runde, wonach Hans von Flüe, der Sohn von Bruder Klaus, zu jener Zeit Landammann in Obwalden, Brandstifter bezahlt habe die Städte Feldkirch, Bregenz und Lindau in Brand zu stecken. Die Tat geschah freilich nie, man sei angeblich den Tätern zuvor gekommen. Ferner ist die Rede von versuchter Brunnenvergiftung. Das Ganze erfuhr noch eine Ausweitung auf die Städte Bludenz und Meersburg. In Luzern wurde am 22. Mai 1486 gegen einen Simon Gruber aus Reutlingen Klage erhoben (Text a), weil er solche Anschuldigungen verbreitete. Die Tagsatzung in Zürich hat sich jedoch bereits am 9. Januar mit der Angelegenheit befasst (Text b), wo jedoch kein Bezug zum Landammann von Obwalden Hans von Flüe sichtbar wird. Weitere Beschreibungen hielt einige Zeit später der Abt von Wettingen, Christof Silberysen fest, ferner die Lindauer Chronik (Texte d und e). – Die tatsächlichen Ereignisse reduzieren sich jedoch auf Feldkirch und Lindau. In Feldkirch wurden drei, angeblich als Jakobspilger verkleidete, mögliche Brandstifter festgenommen und unter Folter befragt. Die Feldkircher handelten vorschnell, obwohl durch Vermittlung der Städte St. Gallen und Zürich eine restlose Aufklärung hätte erfolgen sollen; einer der angeblichen Täter wurde verbrannt, die anderen davongejagt. Vollständige Zeugenaussagen wurden so verhindert. Eine Verschwörung gegen die Unterwaldner, besonders gegen Hans von Flüe, war deshalb nicht auszuschliessen. Im Hintergrund lag ferner der Stadtbrand vom 22. November 1460, der ebenfalls von den Eidgenossen gedungenen Brandstiftern zugeschrieben wurde. Bei Lindau lag der Fall noch etwas anders: Es ging um den Kaufmann Jakob von Rappenstein, genannt «Mötteli», in Unterwalden eingebürgert 1465 (um 1490, in zweiter Ehe, Schwiegersohn des Andreas Roll von Bonstetten). Er und sein Vater wurden 1481 von Kaiser Friedrich III. des Wuchers sowie der Gefangennahme und Folterns einer Frau angeklagt und im Frühling 1482 auf Befehl des kaiserlichen Landvogts von Schwaben in Haft gesetzt. Die Unterwaldner planten nun mit einem Sonderfeldzug diesen Kaufmann zu befreien, konnten jedoch von den übrigen Eidgenossen davon abgehalten werden. Deswegen wurde das Gerücht hartnäckig vertreten, Hans von Flüe hätte sich dafür an den Lindauern rächen wollen. Nun, Jakob von Rappenstein, kam nach ein paar Monaten ohnehin wieder frei. Er hatte gute Beziehungen zum niederen Adel in den österreichischen Vorlanden. – Sieht man allein schon die vier erwähnten angeblichen Brandstifter von Lindau an, stellt man fest, dass kein einziger Schweizer dabei war. Es wurde nun mehr ein politischer Schauprozess veranstaltet, die Ereignisse eskalierten. Historisch gesehen, kann nichts Genaues gesagt werden. Eine nähere Verwantdte, Ursula von Rappenstein, war Priorin des Klosters St. Katharinental in Diessenhofen, als die Eidgenossen 1460 im Thurgauerkrieg dort eintrafen und Bruder Klaus sie von der Plünderung und Brandschatzung des Klosters abhalten konnte (Prozessakten 1618 bis 1654, Quelle 307). «… an diesem Ort werde noch viel Gutes geschehen», soll der Obwaldner Offizier von Flüe dabei gesagt haben. 1486/88 erwarb Jakob von Rappenstein den Besitz der Ministerialen von Dettighofen (Tettikofen, Thurgau), verlegte aber den Sitz nach Pfyn und liess die Burg verfallen.
Referenz: Robert Durrer, Bruder Klaus-Quellenwerk, 355–357
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a) Montag nach Trinitatis [22. Mai 1486]. Unterwalden und Simon Gruber von Reutlingen. Als unsere lieben Eidgenossen von Unterwalden uns vorsichtshalber ihre nachdrückliche Botschaft und Klage vorbrachten, er [Simon Gruber] habe über sie gesagt, sie seien Verbrecher und schamlose Hurer, denn sie wollten die Städte Feldkirch, Bregenz und Lindau verbrennen und der Sohn von Bruder Klaus [Hans von Flüe, zu jener Zeit Landammann] hätte die Täter bezahlen wollen. b) Die Aussagen, die in Feldkirch unseren Boten übergeben wurden, waren derart gravierend, dass sie etliche [eidgenössische Krieger] gefangen nahmen und sie diese so weit verhörten, dass sie verraten haben sollen, sie hätten von einigen Orten [der Eidgenossen] den Auftrag erhalten, die Stadt Feldkirch zu verbrennen. Dann habe man den Feldkirchern geschrieben, uns Eidegenossen von den Geschehnissen zu berichten und ob derartige Vergehen durch die Gefangenen begangen wurden. Mit ihrer Freisetzung soll man sich nicht beeilen, sondern man soll sie solange gefangen halten, bis wir Eidgenossen darüber weiter verhandelt haben und unsere Unschuld erklären können. c) Hinrichtungen Etlicher in Feldkirch. Im Jahre 1486 nahmen die Feldkircher drei Eidgenossen gefangen, den einen haben sie verbrannt, die anderen davongejagt. Die Unterwaldner hätten ihnen versprochen, 50 Gulden gegeben, wenn sie die Städte Lindau, Bregenz, Feldkirch und Bludenz, auch Meersburg in Brand setzten. Sie seien zu neunt gewesen. Diese drei kamen mit dem Aussehen von Pilgern nach Feldkirch, wie Jakobspilger. Dies berichteten die St. Galler den Zürchern und diese wiederum den Unterwaldnern. Danach schrieben die Unterwaldner den Feldkirchern, dass sie die beiden nicht hinrichten sollen, bis herausgefunden sei, was sie zu verantworten hätten, bis sie erfahren hätten, wer ihnen den Lohn dafür versprochen habe. Wer nämlich solches getan hätte, der müsste dafür sterben. Was jedoch die Feldkrich zum weiteren Vorgehen veranlasste, weiss niemand besser, als sie selbst, denn sie liessen die beiden anderen auch, indem sie den drängenden Forderungen der genannten Städte [Lindau etc.], sie zu verbrennen, nachgaben auf Grund der schweren Beschuldigungen, welche diese gegen die Unterwaldner vorbrachten. Die Unterwaldner waren jedoch überzeugt, nicht schuldig zu sein, sondern dass jene Bösewichte, wie auch immer, gelogen hätten. Dies geschah im Januar. d) Hier in Lindau wurden vier Personen festgenommen, die verdächtigt wurden: Valentin Winzurn von Feldkirch, Hans Vogler von Indersdorff, Peter Unger von Steyr und Meister Konrad, der alte Totengräber von Bamberg. Als man sie verhörte, bejahten sie, dass der Ammann von Unterwalden sie mit einer respektablen Summe dafür bestellt wurden, hierher nach Lindau zu gehen, um an vier Stellen in der Stadt Feuer zu legen und um diese so in Brand zu stecken, nämlich im Spital, im Stall unter der Küche, dann im Stadel des Klosterhofes, im Lagerhaus [am See gelegener Kornspeicher] und im Rathaus. Dies wollten sie ausführen am Tage, nachdem sie gefangen wurden. Sie hatte auch vor, die Weiden und Brunnen zu vergiften, damit Mensch und Vieh sterbe. Aus diesen Aussagen könne man nichts anderes entnehmen, als dass der Landammann von Unterwalden sich an der Stadt Lindau wegen des Möttelihandels rächen wollte. Auf Grund der Aussagen dieser vier, wurde rechtmässig das Urteil gefällt, dass zwei lebendig verbrannt und die anderen beiden mit dem Rad hingerichtet werden sollen. Diese Hinrichtung wurde an allen vieren vollstreckt. e) 1487 verbrannte man zwei und räderte drei, welche Geld genommen hätten und dafür Feuer legen wollten in Lindau, im Schmalzhaus, im Speicher, im Spital und im Kloster, am Allerseelentag (2. November). Ferner wollten sie die Brunnen und Weiden vergiften. Aber der Totengräber Meister Konrad, gebürtig aus Franken, der ihr Gefährte und Genosse war, verplauderte die Sache, so dass man ihnen zuvor kam. |
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