Holzschnitt 1510
    
Niklaus von Flüe
Bruder Klaus  
  
 
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   Quellen - Bruder Klausund Dorothea
  
  
Geiler von Kaisersberg Demut und Glaube
  
Quelle Nr. 006

  

  
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Zeit: 1468 -1472
  
Herkunft: a) lateinische Predigtabschrift, gedruckt im Februar 1513, das Datum der Predigt ist gegeben, – b) deutsch gedruckte Predigt, deren Datum unbekannt ist - in Strassburg gedruckt 1515 (Predigtsammlung)
  
Kommentar: Geiler von Kaisersberg war 1465 bis 1469 Professor für Philosophie in Freiburg im Breisgau, ab 1471 in Basel - hier im Jahre 1475 Doktor der Theologie. 1476 verliess er Basel und wurde 1478 Domprediger in Strassburg. Er starb am 10. März 1510. – Dass Geiler von Kaisersberg den Eremiten im Ranft besuchte, dürfte als gesichert angesehen werden. Wann dieser Besuch erfolgte ist jedoch nicht klar. Die Predigtsammlung wurde 1504 dem Franziskaner Guardian Johannes Pauli diktiert. Von hier aus müssen 32 Jahre zurückgerechnet werden, unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Zeitspanne von 4 Jahren. Die Bekanntheit der Nahrungslosigkeit von Bruder Klaus dürfte im Sommer 1468 auch bis nach Basel vorgedrungen sein.
     Demut und Glauben, beide zusammen sind das Fundament. Daran baut der Mensch in der Zeit seines irdischen Lebens. Das Leben ist auf dieses Fundament angewiesen. Selbst wenn der Oberbau von bester Qualität wäre, er könnte nicht dauerhaft bestehen, wenn er nur von einem schlechten oder gar keinem Fundament getragen würde. Zugleich gilt: Ohne Demut hat im Menschen der Glaube keinen Platz. Es muß alles der Reihe nach gehen.
     Religion findet im Herzen statt, oder sie findet überhaupt nicht statt. Das Herz (als Metapher) ist das Haus der Seele. Dieses Haus kann aber kein Luftschloß sein, kein Spinnengewebe (Ijob 8,14–15; 27,18). Ein stabiles Haus ist nicht auf Sand gebaut (Mt 7,26), es ist fest in der Erde verankert. Das ist das passende Gleichnis. Am idealsten ist es, wenn für das notwendige Fundament die Erde ausgegraben wird und man dabei auf felsigen, also auf festen Grund stößt (Lk 6,48). Dementsprechend soll es sich mit dem Haus der Seele verhalten, mit dem Herzen. Bruder Klaus ist ein guter Lehrer, auch wenn er nur wenige Worte macht. Denn seine gleichnishaften Worte treffen immer genau ins Ziel. Der Felsengrund, der Garant für die Stabilität des Hauses ist im biblischen Reden zunächst Gott selbst, er ist der Fels (Dtn 32,4; Ps 18,3.32.47; 28,1; 31,3–4; 62,3.7; 92,16; 95,1; 144,1; Jes 26,4), Gott ist unbeirrbar und treu (Dtn 32,4). Zuverlässigkeit, Treue und Wahrheit heißen im Hebräischen «amen». Auch der betende Glaube gibt seine Antwort, gleichsam seine Unterschrift mit diesem Wort: «Amen». Gott hat es in seinem Schöpfungsplan so vorgesehen: jedes stabile Haus muß auf felsigem Grund stehen (Mt 7,25), also auch das Haus der Seele, das Herz, die «Hauskirche». Das treue, beständige, zuverlässige, lebensfähige Herz des Menschen steht auf dem Felsen. Dieser ist nichts anderes als der feste Glaube an Jesus, den Messias und Gottessohn (Mt 16,16). Der felsenfeste Glaube beschert uns immer wieder köstliche, honigsüße Erfahrungen (Ps 81,17); auch davon weiß uns Bruder Klaus in seiner Brunnenvision zu erzählen.
     Einer der Zwecke für das Haus ist ja der, daß der Mensch sich darin niedersetzt und ißt, die lebensnotwendige Nahrung aufnimmt. Glauben kommt vom Hören, Hinhören, Hinhorchen (vgl. Röm 10,14). Das Wort aus dem Herzen Gottes ist die Nahrung für die Seele, das tägliche Brot. Die Demut ist der Hunger des Glaubens. Die Demut ist die bedingungslose und dankbare Bereitschaft zum Hören, zum Aufnehmen des täglichen Brotes – kein hartes Brot, sondern ein köstliches Honig-Brot – in der Brunnenvision ist es Wein, Öl und Honig in einem. Demut und Glaube gehören zusammen, erst sie beide machen den Menschen lebensfähig. – Das Wort aus dem Herzen Gottes ist der Logos, auch in der Bedeutung von «Sinn». Der Sinn trägt die Seele und hält sie zusammen. Durch Demut und Glaube wird der Sinn erfahren. Ohne Glaube steht der Mensch am Abgrund der Sinnlosigkeit, aus dem plagende Existenzängste aufsteigen.
  
Referenz: Robert Durrer, Bruder Klaus-Quellenwerk, 48-49

  

   1. Lateinische Predigt am Sonntag Lætare, 29. März 1500:
  
Viele Heilige haben während langer Zeit nichts gegessen, und gewisse Brüder waren bereit, eher den Hungertod zu sterben, als die Feigen anzurühren, die sie bei sich trugen. Aber auch in unserer Zeit wird über Bruder Niklaus in Unterwalden Wunderbares erzählt.
  
2. Deutsche Predigt zum Fest St. Florentius (7. Novermber):
  
Ein gerechter Mensch ist tief verwurzelt und hat sein Fundament auf Demut und Glauben gegründet. Die einen nennen es «Fullemunt» [mittelhochdeutsch: Fundament], die anderen «Fundament». «Fundament» entspricht mehr der lateinischen Sprache als «Fullemunt». Wie können aber Demut und Glaube ein Fundament setzen? Das will ich dir zeigen. Es ist zweiunddreissig Jahre her, nicht weniger, da war ich einmal bei Bruder Niklaus in der Schweiz. Ich fragte ihn: «Lieber Niklaus, Ihr führt ein strenges Leben - man sagt, sogar noch mehr als ein Kartäuser oder sonst ein Frommer -, fürchtet Ihr Euch nicht, Ihr könntet Euch irren und das Falsche tun?» Er antwortete: «Wenn ich die Demut habe und den Glauben, dann tue ich nichts Falsches.» Als ich das vernahm, musste ich zugeben, dass er eine vortreffliche Antwort gegeben hatte. Aber wie bilden nun Demut und Glaube das Fundament? Es ist so: Wenn man ein grosses Gebäude errichten will, so gräbt man zuerst ein tiefes Loch. Und wenn man so am Graben ist und dabei gefragt wird: «Was macht Ihr da?», dann gibt man zur Antwort: «Ein Fundament.» Wenn das Loch gegraben ist - das Fundament -, dann legt man grosse Steine hinein und mauert damit auf. Und wenn der Maurer gefragt wird, was er denn da mache, so sagt er: «Ich mache das Fundament.» Schaut nun, wie man beide, das Loch und die Mauer, als «Fundament» bezeichnet. Genauso sind Demut und Glaube zusammen das Fundament. Die Demut ist das tiefe Loch, aber die Mauer ist der Glaube. […] Aus dem Evangelienbuch, das Buch der Evangelien für das ganze Jahr, mit Predigten und Auslegungen des würdigen, hochgelehrten Doktor Johannes Geiler von Kaisersberg […] die er in seinen vier letzten Jahren gehalten hatte […] gedruckt in der kaiserlichen freien Stadt Strassburg […] im Jahre 1515.
    
  
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